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Polytrauma bedeutet gleichzeitig oder in kurzen zeitlichen Abständen entstandene Verletzungen mehrerer Körperregionen oder Organsysteme, wobei eine oder mehrere Verletzungen für sich oder in ihrer Kombination lebensbedrohend sind. Hauptursache (über 80 %) sind Dezelerationstraumen, z.B. Auffahrunfälle.
Die Gefahren hoher Geschwindigkeiten werden allgemein unterschätzt. Der Aufprall auf einen unelastischen Widerstand beträgt bei 70 km/h einem Sturz aus 20 m Höhe. Technische Einrichtungen, sogenannte Puffer- und Crashzonen, federn den Aufprall ab. Der Gurt verhindert den Kontakt mit der Front.
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Pathophysiologie - Klassifizierung
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Die neuroendokrine und metabolische Reaktion auf ein Polytrauma entspricht prinzipiell der, welche nach allen Verletzungen und Operationen zu beobachten ist. Es besteht aber ein quantitativer Unterschied. Die massiven Vielfachverletzungen lösen eine maximale Reaktion aus, welche so weit gehen kann, dass sich die neuroendokrinen Systeme insbesondere bei älteren Menschen frühzeitig erschöpfen und damit ihre natürliche Schutzfunktion einbüßen.
In den ersten Minuten nach dem Polytrauma werden durch afferente Nervenbahnen das Zentralnervensystem, der Hypopthalamus, und von da aus das vegetative Nervensystem und die endokrinen Drüsen maximal stimuliert.
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Innerhalb einer Stunde führen Blutverluste, Plasmasequestrierungen und Volumenverschiebungen des Wassers und der Ionen unbehandelt in einen zunehmenden Schockzustand. Ohne Behandlung resultiert hieraus ein Multiorganversagen innerhalb des ersten Tages, welches Anfangs reversibel, später unkorrigierbar ist. Die Volumenverluste werden gewöhnlich unterschätzt. Deren Größenordnung geht aus dem Bild hervor.
Der Schweregrad des Polytraumas läßt sich aus der Addition der einzelnen Verletzungsfolgen ermitteln. Im einfachsten Fall sind nur periphere Weichteile und Knochen betroffen (Sterblichkeit um 10 %). Bei Verletzungen einer oder mehrerer Körperhöhlen und Organe steigt die Sterblichkeit bis auf 100 % an. Letzte Ursache ist das Versagen lebenswichtiger Organe, z. B. der Lunge.
Symptome
In den ersten Minuten nach der Gewalteinwirkung stehen häufig die unmittelbaren Folgen der Verletzung einer Region im Vordergrund, z. B. das Symptom Atemnot bei instabilem Thorax. Bald setzt indessen ein Zustand ein, der gekennzeichnet ist durch
- hypovolämischen Schock,
- Hypoxie und Hyperkapnie,
- hyperkaliämische Azidose,
- Stoffwechselstörungen (exzessive Katabolie),
- Verbrauchskoagulopathie.
Als sekundäre Schockfolgen entwickeln sich ein Multiorganversagen, Schocklunge, Schockniere, Koma, zu Beginn reversibel, später unkorrigierbare Haupttodesursache dieser Patienten.
Diagnose
Wegen der vitalen Bedrohung ist der Zeitraum für die Diagnostik äußerst begrenzt. Im allgemeinen beschränkt man sich zunächst auf eine grob klinische Orientierung. Erst wenn es gelungen ist, die lebensbedrohende Situation abzuwenden, erfolgen je nach dem zeitlichen Spielraum weiterführende Untersuchungen.
Zeitlicher Spielraum |
Diagnostische Möglichkeiten |
Minuten |
Klinische Untersuchung |
Viertelstunden |
Konventionelles Röntgen (Thorax, Schädel, Becken, Bauch) Sonographie |
Stunden |
Angiographie Computertomographie Endoskopie Röntgen der Wirbelsäule und Extremitäten |
Tage |
Detaillierte Diagnostik |
Keine Überdiagnostik!
Differenzierte Diagnostik
nach Beseitigung der Bedrohung.
Bei der Versorgung konkurrieren Dringlichkeit der Stabilisierung vitaler Funktionen mit der chirurgischen Versorgung der Verletzungsfolgen. Daraus hat sich folgendes Vorgehen in vier Phasen entwickelt:
- Reanimationsphase
Atmung - Kreislauf - Zentralnervensystem
- Erste Operationsphase
akut lebensbedrohliche Verletzungen, z. B. Stillung massiver Blutungen
- Stabilisierungsphase
Stabilisierung der Vitalfunkitonen unter Intensivtherapie
- Zweite Operationsphase
definitive chirurgische Versorgung
Dieses Vorgehen ist bei polytraumatisierten Patienten lebensrettend. Hier werden immer zahlreiche Konsiliarien aus operativen Fachgebieten und diagnostischen Instituten zugezogen.
Die Prioritäten in der ersten und zweiten Operationsphase werden nach der Dringlichkeit gesetzt. Nach der Reanimation, die bereits am Unfallort beginnt und während des Transportes fortgesetzt wird, gilt es vor allem, weitere Volumenverluste, z. B. durch Blutungen ins Abdomen, zu verhindern. Der verfügbare zeitliche Spielraum gibt die Prioritäten der Behandlung vor.
Behandlungsprinzipien
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An der Behandlung des Polytraumatisierten sind eine Vielzahl von Ärzten und Helfern aus unterschiedlichen Fachgebieten beteiligt. Vor und zwischen den Operationsphasen werden polytraumatisierte Patienten grundsätzlich unter den Bedingungen der Intensivtherapie behandelt, dies bedeutet unter anderem die volumenkontrollierte Dauerbeatmung.
Perioperative Überwachung und Therapie
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Beim polytraumatisierten Patienten beginnt die Überwachung und Therapie möglichst schon am Unfallort, naturgemäß mit zunächst geringen Möglichkeiten. In gut ausgestatteten Notarztwagen und Rettungshubschraubern stehen aber bereits wesentlich mehr Hilfsmittel zur Verfügung. Sie erlauben, den Verletzten nicht ins nächstgelegene sondern in ein hierfür geeignetes Krankenhaus zu bringen. Dort wird dann das gesamte Spektrum an Diagnostik und interdisziplinärer Behandlung eingesetzt. Das Verhalten am Unfallort zielt zunächst auf die Herstellung der Transportfähigkeit. Sie kann in der Regel nur vom Notarzt festgestellt werden.